Blutegel - nützliche kleine Helfer

Die meisten Menschen ekeln sich vor Blutegel. Dabei stammt das Wort nicht von „ Ekel“ ab, sondern von dem griechischen Wort „Echis“, was soviel wie kleine Schlange bedeutet. Sein nächster Verwandter ist der Regenwurm. Blutegel sind nichts, wovor man sich ekeln braucht. Betrachtet man sie genauer, dann erkennt man eine wunderschöne rotbraune Zeichnung auf ihrem Rücken.

Durch die dreistrahlige Konstruktion ihres Kiefers können sie fast schmerzfrei die Haut des Patienten durchtrennen. Der Biß eines Egels sieht auf der Haut wie ein Mercedes-Stern aus. Der Blutegel auch „Hirudo medicinalis“ (das ist die lateinische Bezeichnung für den medizinischen Blutegel) genannt, besitzt fünf Augenpaare und an jedem Ende seines Körpers ist einen „Saugnapf“, mit dem er sich am Patienten festhalten kann. (Foto links: Blutegel mit der rot-braunen Zeichnung auf seinem Rücken und den zwei Saugnäpfen)

BlutegelDieses Tierchen ist eines der ältesten Heilmittel und erlebt gerade in der Humanmedizin ein Revival. Aber auch in der ganzheitlichen Tiermedizin kommt die Blutegeltherapie zum Einsatz. Er wird z. B. nach Operationen eingesetzt um eine Thrombose zu vermeiden. Überall wo sich Körperflüssigkeit, Blut oder Lymphe angesammelt hat, kann der Blutegel angewendet werden. Eine Blutegeltherapie lindert Schmerzen, beseitigt Stauungen und kurbelt den Stoffwechsel an, wodurch wiederum der Heilungsprozess beschleunigt wird.

Beim Biß eines Egels wird ein Wirkstoffcocktail (Saliva=Speichel) durch die kleinen Öffnungen zwischen seinen Zähnen direkt in die Wunde abgegeben. Dieser Cocktail besteht aus Egline, Bdeline, Apyrase, Kollagenasen, welche eine spezifische Rolle in der Entzündungs- und Gerinnungshemmung spielen. Eine histaminähnliche Substanz wirkt gefäßerweiternd. Der wichtigste Bestandteil des Wirkstoffcocktails ist das Hirudin, welches eine gerinnungshemmende Wirkung hat. Durch die Sägebewegung wird der Speichel tief in die Haut eingetrieben. Es kommt dadurch zu einer Nachblutung, die bis zu 12 Stunden dauern kann. Das Saugen des Egels und das Nachbluten haben die Wirkung von einem kleinen Aderlass.

BlutegelVerwendung in der tiernaturheilkundlichen Praxis:

Zuerst werden die zu behandelnden Körperstellen rasiert und mit einer Kanüle leicht angeritzt, damit ein kleiner Blutstropfen austreten kann. Dies regt den Appetit der Egel an, sie beißen schneller und müssen sich nicht erst mühevoll durch das Fell arbeiten. Wichtig ist, daß man die Haut des Tieres nicht mit Desinfektionsmittel gereinigt, sondern lediglich mit lauwarmen Wasser spült, da Blutegel den Geschmack von Desinfektionsmittel nicht sonderlich appetitlich finden. 
Nun werden die Egel an der vorbereiteten Stelle angesetzt. Die Egel setzten sich mit beiden Enden an der Haut fest, so dass es wie eine Brücke aussieht und beginnen zu saugen. Die Saugtätigkeit erkennt man an der wellenartigen Bewegung des Körpers. Sie dauert ca. 20 – 60 Minuten. Je nach Größe saugt ein Blutegel 20 – 50 ml Blut. 
Ist der Blutegel „satt“, fällt er ab. Nun setzt die Nachblutung ein, bei der in etwa die gleiche Menge fließt wie der Blutegel gesaugt hat. Die Nachblutung sollte nicht gestoppt werden, es wird lediglich ein leichter Schutzverband angelegt.

BlutegelAus hygienischen Gründen werden Blutegel grundsätzlich nur einmal verwendet.

Übrigens können Blutegel bis zu zwei Jahre ohne Nahrung auskommen. Ein Grund hierfür ist ihre langsame Verdauung.
 

Anwendungsgebiete der Blutegel in der Tiermedizin:

BlutegelAllgemeine Gelenkserkrankungen, wie z.B. Arthritis, Arthrose, Ohmarthrose, Spat, Podotrochlose (Hufrollenerkrankung), Gonarthrose (Kniegelenksarthrose), Schale.
Sehnenentzündungen, akute Rehe, Patellaluxation, Hüftgelenksdysplasie bei Hunden, akute Discophathien, Spondylosen, lokale Pyodermien, Abszesse, Thrombosen, Furunkel/Karbunkel, Ödeme, alle Formen von Entzündungsprozessen, allgemeine Entgiftung des Körpers. (Foto links: Blutegel am Pferd, mit freundlicher Genehmigung von Herrn Grafe von der ATM in Bad Bramstedt). 

Man sieht, es gibt ein weites Einsatzspektrum für den Blutegel und es gibt keinen Grund sich vor ihnen zu ekeln.

Einen Dank möchte ich Herrn Roth von der Firma ZAUG GmbH aussprechen, die mir freundlicherweise die Fotos (außer "Blutegel am Pferd") zur Verfügung stellte. Mehr Infos zu dem Thema Blutegel gibt es unter www.blutegel.de

Yvonne-Christine Helferich, Tierheilpraktikerin und Pferdetrainerin, Landsham bei München

 

Anmerkung der Redaktion HUFGEFLÜSTER: die Autorin dieses Beitrages, Yvonne Helferich, ist im Oktober 2012 verstorben - das Team von der Redaktion HUFGEFLÜSTER trauert um diesen besonderen "Pferdemenschen" - Hufflüsterer Bernhard