7. April 1996
Soll das alles gewesen sein?
Ein Leben voller Arbeit und Streben nach Wohlstand oder gar Reichtum?
Was würde ich davon haben, wenn ich eines Tages auf dem Sterbebett liege?
Einmal wenigstens ein richtiges Abenteuer erleben, bevor es zu spät ist. Die Welt ist so groß und schön – was sah ich eigentlich bisher von ihr ?
So wollte ich nicht abtreten!
Reich zu sterben, kann wohl nicht Sinn des Lebens sein.
Dann schon lieber arm, aber mit der Gewissheit, wirklich Großes erreicht zu haben.
Deshalb machte ich mich auf, etwas zu wagen, was noch niemand tat: die Erde mit zwei Pferden zu umrunden. Auf der nördlichen Halbkugel – dort, wo es hoffentlich genug Wasser und Futter für die Tiere geben würde.
Richtung Osten – der Sonne entgegen.
Deutschland, Polen, Ukraine, Südrussland, dann Asien mit Kasachstan, Sibirien, Mongolei und China bis nach Süd-Korea. Pazifik-Überquerung im Flugzeug. Schließlich die USA von der West- zur Ostküste. Wieder im Flugzeug über den Atlantik und endlich über die Niederlande zurück in meine deutsche Heimat.
Kein Spazierritt war das Ganze, sondern ein ständiger Kampf ums Überleben, und um das Vorankommen. Endlose Probleme mit Korruption, Straßenräubern und Behörden.
Doch auch viel Schönes widerfuhr mir. Freundliche, hilfreiche Menschen überall. Fremde Kulturen, unverdorbene Natur, wunderschöne Landschaften – und vielleicht das Wichtigste :
das Zusammenwachsen mit zwei wunderbaren Pferden.
Eine gegenseitige Liebe entstand, die alle Strapazen schnell vergessen lassen.
Am 7. Oktober 2000 hatten wir es geschafft!
Völlig unbeschadet, aber psychisch und physisch erstarkt – alle Drei – nein Vier
– denn Wunderbares ist geschehen unterwegs...
Lesen Sie hier die Kurzgeschichte der gesamten Reise:
Ein Jugendtraum, Abenteuerlust und Fernweh waren der Antrieb für Manfred Schulze, im Alter von 53 Jahren zu einem großen Abenteuer aufzubrechen.
Am 7. April 1996 startete er im Rheingau mit zwei Pferden und dem Ziel, mit Ihnen gemeinsam die Erde zu umrunden.
Nur drei Monate vorher war er auf die Suche nach geeigneten Pferden gegangen und fand die Huzulen „Panca“(5 Jahre) und „Puschkin“(7 Jahre).
Die Vorbereitungsphase war kurz, denn vorzubereiten gab es wenig.
Eine solche Reise vorzuplanen ist unmöglich, Manfred musste sich unterwegs stets den vorhandenen Gegebenheiten anpassen.
Auf der ersten Etappe durch Deutschland trug die Stute Panca den Packsattel mit etwa 80 kg Gepäck. Ihr Bruder Puschkin war als Tragtier ungeeignet, er trug lieber den Reiter.
5 Wochen dauerte der Ritt bis an die polnische Grenze, hierbei wurden etwa 900 km zurückgelegt. Wenn für die Nacht kein Quartier bei Pferdehaltern oder Landwirten zu bekommen war, baute Manfred auf einer freien Wiese eine Elektrokoppel für die Pferde und ein winziges Zelt für sich selbst auf.
Vor der polnischen Grenze musste eine Umstellung vorgenommen werden, denn der Packsattel begann, das Pferd durchzureiben. Hinzu kam, dass jenseits der Grenzen Richtung Osten die Versorgung möglicherweise nicht sichergestellt sein würde.
Deshalb wurde kurzerhand ein Planwagen angeschafft, ausgerüstet und in einem Schnellkurs die Pferde eingefahren.
Über die Grenze nach Polen ging es auf einem Autobahnübergang mit Hilfe des Bundesgrenzschutzes, der hilfreich den Einreiseverkehr stoppte und zwei Fahrzeuge mit Blaulicht als Eskorte zur Verfügung stellte.
Oft, aber leider nicht immer, waren es Nebenstraßen, die in Polen genutzt werden konnten. Hier war das Vorankommen mit dem Pferdegespann meist einfach. Auf Fernverkehrsstraßen aber kam es oft zu gefährlichen Stresssituationen.
Positiv beeindruckend war eine herzliche Gastfreundschaft. Wenn Manfred irgendwo am Dorfesrand sein Camp aufschlug, versammelte sich oft die halbe Dorfbevölkerung, um ihn willkommen zu heißen. Viele beschenkten ihn mit Lebensmitteln aus ihrem Garten und mit Futter für seine Pferde. Meist wurde eine Party daraus und je weiter er nach Osten vorankam, um so mehr begann, Wodka eine immer größere Rolle zu spielen.
Beeindruckend war aber auch ein bemerkenswerter Akt von Menschlichkeit durch Behörden: Als Manfred wegen des Besitzes einer kleinen Schreckschusspistole und eines Seitenmessers von einem eifrigen Dorfpolizisten verhaftet wurde, kam es zu einer Gerichtsverhandlung in der nächsten Kreisstadt.
Forderung der Polizei als Ankläger war: Konfiszierung der Waffen und 120 Zloty Geldstrafe.
Der Richterspruch lautete: „Der Angeklagte ist schuldig! Aufgrund der besonderen Umstände aber und um dem Paragraphen gerecht zu werden, erhält er eine Geldstrafe von 2 Zloty und die „Waffen“ sind ihm wieder auszuhändigen!“
Weil ein Visum für Russland verweigert wurde, musste Manfred vor der Weißrussischen Grenze nach Süden schwenken, um über die Ukraine weiter nach Osten voranzukommen.
Hier waren Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft noch größer, denn die Menschen noch ärmer. Allerdings auch die Bedrohung durch extreme Kriminalität. Nur durch die Hilfen der Landbevölkerung und stetige äußerste Wachsamkeit gelang es, dieses Land ohne nennenswerte Schäden zu durchqueren.
Bei einem Besuch der russischen Botschaft in Kiew begegnete Manfred dem russischen Konsul, der ihm schließlich doch ein Visum für Russland besorgte.
So konnte das Gespann endlich den „Dnepr“ überqueren und durch das triste Bergbaugebiet „Donbas“ fahren.
Haarsträubende Situationen auf fast nur noch Fernverkehrsstraßen, die sich nicht mehr umgehen ließen, weil es kein geeignetes Kartenmaterial gab, führten oft an den Rand der Katastrophe. Oft stand hier das Leben von Mensch und Pferden auf dem Spiel, denn Autofahrer erwiesen sich hierzulande als besonders rücksichtslos.
Der Winter kündigte sich an, als die Grenze nach Russland überschritten wurde. Am Grenzübergang erzwangen korrupte Beamte erstmalig die Zahlung ungerechtfertigter „Gebühren“.
Immer kürzer wurden die Tage, als der „Don“ überquert wurde und schließlich erreichte das Gespann Wolgograd und damit die Wolga.
Manfred glaubte nicht, dass er als Deutscher hier im ehemaligen Stalingrad, wo es im zweiten Weltkrieg zu so gewaltigen Opfern gekommen war, freundlich empfangen werden könnte. Um so mehr überraschte ihn die Offenheit der Menschen, die sich nach der Auflösung der Sowjetunion und der damit verbundenen Öffnung nach Westen ausgerechnet die Deutschen als großes Vorbild auserkoren hatten. Er fand nicht nur Freunde unter der Zivilbevölkerung, sondern gar den Kommandanten einer Raketenstation am Rande Wolgograds, der ihm besonders zugetan war.
Nun galt es, ein Winterquartier zu finden, denn die ersten Schneestürme überfielen bereits das Land. Dabei halfen sogar hohe Regierungsbeamte, allerdings auch clevere Mitarbeiter, denen „Nebeneinkünfte“ wichtiger als Hilfe waren. Eine mafiose Verbindung, die bis nach Deutschland reichte und seine Familie bedrohte, waren unschöne Begegnungen und vorsichtshalber ließ sich Manfred beim KGB registrieren in der Hoffnung, hierdurch ein wenig Schutz zu finden.
Schließlich fand er Quartier für seine Pferde auf einem privaten Kosakengestüt in der kleinen Stadt Leninsk, 50 km östlich der Wolga.
Auf dem Weg dorthin durchquerte das Gespann Wolgograd und präsentierte sich auf Wunsch eines russischen Fernsehsenders auf dem Heldenplatz. An jenen Film, der hierbei entstand, erinnerten sich noch ein Jahr später viele Russen selbst im fernen Sibirien und sprachen ihn mit seinem Vornamen an.
4.300 km waren bis zum Winterquartier zurückgelegt, davon 3.400 mit dem Planwagen.
Auf dem Weg durch Südrussland hatte Manfred, der nach und nach ein wenig Russisch lernte, viele Informationen aus der Bevölkerung gesammelt.
Er erfuhr, dass in den weiten Steppen Kasachstans meist ein stetiger Ostwind weht, ihm also entgegenkommen würde und damit die Arbeit der Pferde erschweren. Zudem sind über riesige Gebiete die Gewässer salzhaltig und für die Pferde ungeeignet. Größere Mengen Wasser und Kraftfutter würden mitgeführt werden müssen, aber auch Hufeisen, Werkzeug, Amboss uvm.
Hinzu kam, dass man fast immer auf stark befahrenen Autostraßen fahren musste und besonders russische Autofahrer in kindlicher Euphorie und überschwänglicher Freude über den Anblick des Gespanns oft dann sehr ergiebig die Hupe ihres Wagens betätigten, wenn sie direkt neben den Pferden waren.
Außerdem saß Manfred nicht gern täglich 10 bis 12 Stunden auf dem Kutschbock. Im Sattel zu sitzen, lag ihm mehr.
So kam ihm die Idee eines Begleitfahrzeugs zur Versorgung der Expedition und während seine Pferde und die übrige Ausrüstung in Leninsk zurückblieb, flog er nach Deutschland zurück in der Hoffnung, hilfreiche Sponsoren zu finden. Schließlich handelte es sich um die erste Erdumrundung dieser Art und müsste deshalb wohl spektakulär genug für Medien und damit auch für Sponsoren sein.
Diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Den Medien war das Ganze nicht spektakulär genug: „viel zu positiv, zu wenig Entsetzen, zu wenig Publikumsaufschrei und damit zu geringe Einschaltquoten.“ Deshalb interessierten sich auch Sponsoren nicht, denn die brauchen als Gegenleistung Werbewirksamkeit.
Es musste also verwendet werden, was vorhanden war: ein Lieferwagen MB 208 D (ohne Allradantrieb, ohne Differentialsperre und mit viel zu wenig Bodenfreiheit für die zu erwarteten Straßenverhältnisse), als Zugfahrzeug und ein Pferdetrailer mit 16 großen Fässern für Wasser und Futter.
Mit diesem Gespann kehrte Manfred im Frühjahr 1997 bei noch winterlichen Verhältnissen nach Leninsk zurück und fand seine Pferde in bestem Zustand.
Seinen ukrainischen Begleiter Iwan vom Vorjahr hatte er mitgebracht, denn der sollte das Begleitfahrzeug steuern. Hierfür erwies sich Iwan als ungeeignet und gemeinsam gingen sie auf die Suche nach einem zuverlässigen Fahrer. Sie fanden Ljoscha, einen kräftigen, jungen Kerl mit kindlichem Gemüt. Der liebte das Auto bald so sehr, dass es gut war, den stets treuen Iwan an seiner Seite zu wissen.
Nun konnte Manfred wieder reiten und zwar mit blankem Handpferd. Alles Gepäck konnte im Begleitfahrzeug transportiert werden. Bis zu viermal täglich wurde der Sattel gewechselt, so waren durchschnittlich 50 km pro Tag möglich bei einem Rasttag pro Woche.
Schnell war dieses riesige Land erreicht und die Grenze überschritten. Über Monate hin bildete nun absolut flache, baum- und strauchlose Steppe die Landschaft. Doch das Vorankommen war umso leichter. Während das Fahrzeug vorausfahrend den Straßen nach Straßenkarten folgte, konnte Manfred mit seinen Pferden oft Abkürzungen nehmen und einsam durch die Steppe reiten.
Mitunter waren allerdings auch große Städte und Ballungsgebiete im Russisch-Kasachischen-Grenzraum zu durchqueren. Hier war wegen unglaublicher Armut und Arbeitslosigkeit die Kriminalität besonders groß. Oft geriet die Expedition deshalb durch meist organisierte Straßenräuber, die von der Polizei nicht unter Kontrolle gebracht werden konnten oder sollten, in Bedrängnis. Äußerst gefährliche Situationen entstanden hierbei, denn die Hoffnungen der Räuber konnte Manfred mit seinem schmalen Budget nicht erfüllen. Verbale Überzeugungsarbeit und starke Nerven waren hierbei vonnöten.
Allerdings auch auf mancher Polizeistation in Städten oder den festen Polizei-Straßenposten kreuz und quer durch das riesige ehemalige Sowjetreich – ganz im Gegensatz zu der unglaublich hilfsbereiten und aufopferungsvollen Landbevölkerung. Auf dem Lande konnten sich Menschen und Pferde stets sicher fühlen.
Endlich wieder hügeliges, später gar bergiges Land. Das Altai-Gebirge war erreicht.
Und endlich auch wieder Bäume in der Landschaft, die im heißen Sommer Schatten spenden konnten. Aber auch unglaubliche Mengen von blutrünstigen Stechmücken, die vor allem den Pferden das Leben schwer machten.
Alle Mücken-Schutzmittel halfen hier nicht mehr. Deshalb tat Manfred das, was die Einheimischen tun: in den Ruhezeiten wurden Rauchfeuer unterhalten und die Tiere fanden schnell heraus, dass sie im Rauch stehend, Ruhe vor den Plagegeistern hatten.
Im Laufe der vergangenen Monate gemeinsamen Wanderns hatten sich die Pferde so rührend an ihren Reiter gewöhnt, dass er ganz offensichtlich Herdenführer dieser kleinen Dreierherde wurde. Immer suchten sie inzwischen Manfreds Nähe und konnten sogar freigelassen werden, ohne das sie auf die Idee kämen, das Weite zu suchen. Schlief er z.B. des nachts in seinem Schlafsack inmitten der Koppel, lagen sie Morgens rechts und links neben ihm.
Ende Juni war die Mongolische Grenze erreicht. Doch der General der Russischen Grenztruppen PPK verweigerte der Expedition hier die Ausreise. „Dies ist kein internationaler Grenzübergang. Du musst nach Irkutsk zum Baikalsee.“
Unmöglich für diese Expedition mit Pferden, denn dies würde 2.500 km Umweg bedeuten. Außerdem würde man in den Winter hineinkommen und Quartiermöglichkeiten gab es dort nirgendwo. Hinzu kam, dass Manfreds Visum nur noch für 12 Tage gültig war. „Das ist nicht mein Problem. Geh nach Irkutsk oder geh nach Hause!“ Aber auch dies war mit Pferden nicht möglich.
Hier drohte erstmalig das Aus für die Expedition und Manfreds Verzweiflung war unermesslich. Um den Pferden, die ihm inzwischen so sehr ans Herz gewachsen waren, ein qualvolles Leben unter unglaublich rohen Menschen zu ersparen, schien es nur noch einen Ausweg zu geben: erst die Pferde und dann sich selbst zu erschießen. Denn die Schmach, so zu scheitern, erschien Manfred als unerträglich.
Der Kampf zur Rettung der Expedition war voller Verzweiflung. Viele Freunde, die Manfred inzwischen gefunden hatte, auch hochrangige Beamte, bemühten sich um Hilfe. Aber erst eine große Feier zu Ehren von Generälen und Offizieren, die von Einheimischen organisiert wurde, brachte Erfolg. Manfred durfte an der Feier teilnehmen und musste in jener Nacht unglaubliche Mengen Wodka mit den Gästen trinken. Wohl weil er dies stehend überstand (erzwungenermassen) trainiert hatte er hierzu ja bereits seit Monaten ausgiebig), bekam er die ersehnte Erlaubnis schließlich nach zehn Tagen.
Der Einzug in die Mongolei glich einer erleichternden Heimkehr. Plötzlich schienen alle Gefahren Vergangenheit zu sein. Die Mongolen nahmen Manfred auf wie einen Bruder. Gab es Bedrohungen, beschützten sie ihn. Hatte er kein Fleisch mehr, ergänzten sie seine Vorräte. Fühlte er sich einsam, leisteten sie ihm Gesellschaft.
Durch dieses Land zu reiten, wurde zu einem besonderen Erlebnis. Nur hier fand er die Freiheit, von der er träumte. Kein Zaun bildete ein Hindernis, kein Verbotsschild stoppte seinen Ritt. Wo immer er in diesem Land auch war, überall durfte er sein. Ohne irgendeine Genehmigung oder zu Papier gebrachte Erlaubnis.
In vielen Zelten der Nomaden war er Gast und alle Begegnungen endeten mit freundschaftlicher Verabschiedung und dem herzlichen Wunsch nach Wiederkehr.
Anfang September 1997 erreichte Manfred nach fünf Monaten und 6.345 gerittenen Kilometern endlich die Hauptstadt Ulan Bator.
Ein Quartier für die Pferde fand er diesmal im Gebäude des Mongolischen Staatszirkus. Das Begleitfahrzeug blieb unter der Aufsicht von Freunden zurück.
Manfred aber musste nach Hause, den Kampf um das Interesse von Medien und Sponsoren fortzusetzen. Aber auch, um die Durchreisegenehmigung für China zu erwirken.
Dies erwies sich als besonders schwierig. Als er im Frühjahr nach Ulan Bator zurückkehrte, hatte er mit China noch immer nichts erreicht. Fast täglich ging er zur Deutschen und zur Chinesischen Botschaft und korrespondierte mit der Deutschen Vertretung in Peking. Monate gingen durchs Land und während der Wochenenden fuhr er aufs Land hinaus zu den Nomaden. Hier konnte er friedlich und in Harmonie leben und war immer willkommen.
Die Pferde hatte er in gutem Zustand aber sehr traurig aufgefunden. Lange Zeit in der Box zu stehen, war ihnen ungewohnt. Um so glücklicher waren sie, als sie endlich wieder frei in der Steppe laufen konnten. So frei wie jener Hengst mit seiner zwanzigköpfigen Herde, der immer in der Nähe war und großes Interesse an Panca zeigte...
Und Manfred hatte wichtige Austauschteile für sein Begleitfahrzeug bekommen können. Einiges war auf fürchterlichen Straßen und oft kaum befahrbaren Pisten beschädigt oder zerstört worden. Mercedes-Benz spendierte ihm die Teile und später weitere, um die Reise fortsetzen zu können.
Mitte August hatte er noch immer nicht alle Papiere, aber der nächste Winter war nur noch einen Monat entfernt. Deshalb entschloss sich Manfred, auf „Biegen und Brechen“ zur Chinesischen Grenze aufzubrechen. Vielleicht würde er dort mehr erreichen?
Nach zwei Wochen waren die 700 km im Eiltempo geschafft. Doch die Einreise wurde ihm verweigert. Dafür erhielt er den Rat, selbst nach Peking zu reisen.
Pferde und Ausrüstung blieben auf mongolischer Seite unter mongolischer Bewachung zurück und Manfred fuhr mit dem Zug nach Peking.
Hier dauerte es weitere 3 Wochen, bis endlich alle Papiere vorhanden waren.
Allerdings machte man ihm die Auflage, nicht durchs Land zu reiten, sondern die Pferde nonstop zum Gelben Meer zu transportieren.
Durchaus positive Eindrücke sammelte er in diesem Land auch aus dem einfachen Volk. Negative allerdings durch Behörden und seinen von staatswegen zugeteilten Guide. Dessen voller Überzeugung gemachte Aussage, „Chinesen sind das eigentliche Führungsvolk dieser Welt und die Zeit wird kommen, in der China die Welt beherrschen wird!“, machen ihm große Sorgen.
In Tianjin am Gelben Meer wartet er voller Bedrängnis durch Behörden auf die Ausreise nach Süd-Korea. Chinesische Behörden wollen ihn nicht ausreisen lassen, bevor er nicht alles verzollt und Süd-Koreanische Quarantäne-Behörden möchten ihn nicht ins Land lassen, weil sie die Einschleppung von Tierkrankheiten befürchten.
Nach weiteren 3 Wochen Stillstand gelingt es ihm mit Hilfe der Deutschen Botschaft in Seoul, doch mit allem Equipment nach Süd-Korea einzureisen.
In der Quarantänestation nahe Seoul erfährt er allerdings das schlimmste Erlebnis seines Abenteuers:
Sein treuer Begleiter Puschkin habe eine Viruserkrankung und müsse getötet und verbrannt werden! Ein sechswöchiger Kampf um das Leben dieses ihm so ans Herz gewachsenen Freundes zermürbt ihn immer noch nicht.
Schließlich gelingt es mit Hilfe der Amerikanischen Botschaft, eine Einreisegenehmigung für die USA zu erwirken.
Beide Pferde werden aus der Quarantänestation zum Flughafen gebracht und in einen speziellen Alucontainer geladen. In einem Frachtflugzeug überqueren sie gemeinsam mit Manfred, der als einziger Passagier unterwegs die Pferde ständig im Frachtraum besuchen darf, den Pazifik.
Nach einer Zwischenlandung in Anchoridge erreichen sie gemeinsam nach 14 Stunden Los Angeles.
In der Quarantänestation von Los Angeles wird festgestellt: „Beide Pferde sind kerngesund, aber Panca ist tragend!“ Also hatte Panca doch in der Steppe südlich von Ulan Bator unbeobachteten Kontakt mit jenem Mongolischen Leithengst.
Winterquartier für die Pferde nahe San Francisco und Manfred kehrt erneut nach Deutschland zurück. Doch dort hält es ihn nicht lange, er fiebert der Geburt des Fohlens entgegen.
Doch es kommt spät und Manfred überbrückt die Wartezeit als Futtermeister für 150 Vollblüter auf einer großen Ranch.
Endlich, am 6.6.99 kommt ein wunderschönes Hengstfohlen zur Welt. Weil es einen mongolischen Vater hat, erhält es den mongolischen Namen „Temujin“, denn dies ist der Name des Mannes, der Dshingis Khan wurde.
Mit einem zusätzlichen Fohlen die USA zu durchqueren, erweist sich als unmöglich. Dieses Land ist weitgehend eingezäunt und allzu oft steht nur ein schmaler Grünstreifen neben einem Highway zum Ritt nach Osten zur Verfügung.
Deshalb lässt Manfred Panca mit ihrem Fohlen zurück und startet mit Puschkin und einigen amerikanischen Wander- und Distanzreitern am Strande des Pazifik nördlich von San Francisco zur Durchquerung der USA.
Durch CALIFORNIEN und einen Teil von NEVADA ist er immer in Begleitung einzelner oder mehrerer Begleiter. So muss er keinen Weg suchen und findet überall ein vorbereitetes Quartier, wird abends herzlich empfangen und reitet praktisch von Barbecue zu Barbecue.
Als er die Mitte Nevadas erreicht hat, fährt er zu Panca und Temujin zurück und trennt die beiden. Temujin ist nun viereinhalb Monate alt und bleibt bei gleichaltrigen Spielkameraden. Panca aber hat nun endlich ihren Puschkin wieder, sie wird inzwischen für zahlende Mitreiter benötigt, denn Manfreds Reisekasse ist leer.
Der Winter in den Rocky Mountains hat begonnen und die Farmer raten dringend, nach Süden zu gehen, denn auch im nördlichen Nevada wird es nachts bereits bitterkalt. Deshalb ist das nächste Ziel Las Vegas, hier finden die Reisenden auch Ende Oktober noch sommerliche Temperaturen.
Der Hoover Dam wird wieder in Polizeibegleitung und Blaulicht in Eskorte überquert, der nächste Staat ist ARIZONA. Oft bildet der legendäre Highway 66 den weiteren Weg nach Osten. Als Manfred endlich die Grenze nach NEW MEXICO überschritten hat, holt ihn der Winter ein. Kurzerhand wird letztmalig ein Winterquartier organisiert und Manfred lässt die Pferde am Ufer des Rio Grande zurück, um noch einmal nach Deutschland zu fliegen.
Als er nach kurzer Winterpause zurückkehrt, hat er endlich einen Sponsoren für die Atlantik-Überquerung gefunden und ist sehr erleichtert, denn schon ist er längst über seine finanziellen Möglichkeiten hinausgegangen.
Wieder wird zunächst mit zahlenden Mitreitern begonnen und so New Mexico, später auch TEXAS und OKLAHOMA durchquert. Viele Begegnungen mit Klapperschlangen, drohende Hurricans, immer gewaltigerer Straßenverkehr und riesige Güterzüge mit brüllenden Loks davor machen ihm und seinen Pferden das Leben schwer.
In KANSAS verabschiedet sich die letzte Mitreiterin. Das Begleitfahrzeug wird von einer jungen Amerikanerin gesteuert. Viermal unterwegs findet Manfred bei freundlichen Pferdeleuten ein geeignetes Quartier, zu dem er Temujin im Hänger nachholen und erneut zurücklassen kann. Der ist inzwischen kastriert, nur so war es möglich, ihm eine jeweilige „Einzelhaft“ zu ersparen, denn sein Geschlechtstrieb war bereits mit 10 Monaten gewaltig ausgeprägt.
MISSOURI, ILLINOIS und INDIANA waren die nächsten Staaten, dann OHIO, WEST- VIRGINIA und schließlich VIRGINIA. Hier in Washington DC ist endlich auch die Durchquerung der USA beendet. Manfred erwirkt eine Genehmigung, die Expedition vor dem Weißen Haus präsentieren zu dürfen und findet ein Quartier für die erneut fällige Quarantäne zur Einreise nach Europa. Letztmalig fährt er zurück, um Temujin nachzuholen.
Dann erfährt er eine erneute Niederlage: Der Sponsor hat seine Zusage zurückgezogen. 30 Tage Quarantäne bieten zwar Gelegenheit, mit etwas Arbeit ein wenig Geld fürs Überleben zu verdienen, für die Überfahrt aber reicht es nicht. So muss die letzte Lebensversicherung geopfert werden und endlich können die Pferde, diesmal 3, in den Container und wiederum in ein Flugzeug verladen werden.
Anfang September 2000 erreicht die Expedition wieder europäisches Festland und landet in Amsterdam.
Noch einmal Wartezeit, denn das Begleitfahrzeug kommt mit dem Schiff. Als es endlich eintrifft, beginnt unverzüglich die letzte Etappe.
Zwei Wochen benötigt Manfred mit Panca und Puschkin, um am Rhein entlang den Kreis zu schließen.
Temujin war bei niederländischen Freunden zurückgeblieben, die ihn zum Einritt in seine Heimatstadt Geisenheim im Rheingau am 7. Oktober 2000 mitbrachten.
So hatte diese Reise exakt viereinhalb Jahre gedauert.
Hierbei hatten die Pferde auf ihren Hufen 17.459 km zurückgelegt.
Und worauf Manfred besonders stolz ist: Die Pferde haben alles schadlos überstanden. Das Geheimnis hierfür: Tempo und Tagesdistanzen wurden weitgehend den Pferden überlassen.
Allerdings hat Manfred das Gefühl, dass die Pferde täglich darauf warten, dass es endlich weitergeht!
Alles über die Reise lesen Sie in dem Buch: „Mit zwei Pferden um die Welt“.